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Viertes Naturgesek.

"So wie nach aller Wahrscheinlichkeit das menschliche Geschlecht Ein progressives Ganze von Einem Ursprunge in Einer großen Haushals. tung ausmacht: so auch alle Sprachen, und. mit ihnen die ganze Kette der Bildung. „

Der sonderbare charakteristische Plan ist bemerkt, der über Einen Menschen waltet: seine Seele ist gewohnt, immer das, was sie sieht, zu reihen mit dem, was sie sah, und durch Besonnenheit wird also "ein progressives Eins aller Zustän „de des Lebens, mithin Fortbildung der „Sprache.

Der sonderbare charakteristische Plan ist bemerkt, der über das Menschengeschlecht waltet, daß durch die Kette des Unterrichts Eltern und Kinder Eins werden, und jedes Glied also nur von der Natur zwischen zwei andre hingeschoben wird, um zu empfanz gèn und mitzutheilen; dadurch wird „ Fortbildung der Sprache.

Endlich geht dieser sonderbare Plan auch aufs ganze Menschengeschlecht fort; und dadurch wird eine Fortbildung im höchsten Verstande, „ die aus den beiden vorigen unmittelbar folget.

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Jedes Individuum ist Mensch, folglich denkt er die Kette seines Lebens fort. Jedes Individuum ist

Sohn oder Tochter, es ward durch Unterricht gebildet, folglich bekam es immer einen Theil der Ges dankenschäße seiner Vorfahren frühe mit, und wird sie nach seiner Art weiter reichen; also ist auf gewisse Weise „kein Gedanke, keine Erfindung, keis „ne Vervollkommnung, die nicht weiter, „fast ins Unendliche reiche. So wie ich keine Handlung' thun, keinen Gedanken denken kann, der nicht auf die ganze Unermeßlichkeit meines Das seyns natürlich hinwirke; so gibt es kein Geschöpfmeis ner Gattung, das nicht mit jedem auch für die ganze Gattung und für das fortgehende Ganze der ganzen Sattung wirke. Jedes treibt eine große oder kleine Welle: jedes verändert den Zustand der einzelnen Seele, mithin das Ganze dieser Zustände, wirkt immer auf andre, verändert auch in dies sen etwas der erste Gedanke in der ersten mensche lichen Seele hängt mit dem leßten in der leßten mensche lichen Seele zusammen.

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Wäre Sprache dem Menschen so angeboren, als den Bienen der Honigbau; so zerfiele mit Einmal dies größeste prächtigste Gebäude in Trümmern. Jeder brächte sich sein wenig Sprache auf die Welt, oder da doch das "auf die Welt bringen, für eine Vernunft nichts heißt, als sie sich gleich erfinden — welch ein trauriges Einzelne würde damit jeder Mensch! Jeder erfindet seine Rudimente, stirbt über ihnen, und nimmt sie ins Grab, wie die Biene ihren Kunsts

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bau: der Nachfolger kommt, quält sich über dens selben Anfängen, kommt eben so wenig weit als jene, stirbt - und so gehts ins Unendliche. Man siehet, "der Plan, der über die Thiere geht, die nichts ers finden, kann nicht über Geschöpfe gehen, die erfins. „den müssen,„, oder es wird ein planloser Plan! Erfindet jedes für sich allein, so wird unnüße Mühe ins Unendliche vervielfältigt, und der erfindende Ver stand seines besten Preises beraubt, zu wachsen. Was für Grund hätte ich, um irgendwo in der Kets te stille zu stehen, und nicht, so lange ich denselben Plan wahrnehme, auch auf die Sprache hinauf zus schließen? Kam ich auf die Welt, um sogleich in den Unterricht der Meinigen eintreten zu müssen; so mein Vater, so der erste Sohn des ersten Stammvaters auch, und wie ich meine Gedanz, ken um mich und in meine Abfolge breite: so mein Vater, so sein Stammvater; so der Erste aller Vår ter. Die Kette reicht fort und steht nur "bei Einem,

dem Ersten, stille. So sind wir alle seine Söh ne: von ihm fängt sich Geschlecht, Unterricht, Spras che an: Er hat zu erfinden angefangen; wir alle has ben ihm nacherfunden, bilden und mißbilden. Kein Gedanke in einer menschlichen Seele war verloren ; nie aber war auch Eine Fertigkeit dieses Geschlechts auf Einmal ganz da, wie bei den Thieren. "Zufolge der ganzen Dekonomie,,, war sie immer im Fortschritte, im Gange: nichts Erfundnes, wie

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ter Bau einer Zelle, sondern alles im Erfinden, im Fortwirken, strebend. In diesem Gesichtspunkt, wie groß wird die Sprache! "Eine Schahkams mer menschlicher Gedanken, wohin jeder auf seine Art etwas beitrug; eine Sums „me der Wirksamkeit aller menschlichen Seelen. Höchstens

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(tritt hier die vorige Philosophie, die den Menschen gern als ein Land- und Domänengut betrachten möchte, dazwischen -) “Höchstens dürf te diese Kette doch wohl nur bis an jeden Einzelnen ersten Stammvater eines Landes reichen, von dem „ sich sein Geschlecht, wie seine Landsprache erzeugte? „* Ich wüßte nicht, warum sie nur bis dahin und nicht weiter reichen sollte? Warum diese Landesvåter nicht wieder unter sich einen Erdenvater könnten gehabt haben, da “die ganze fortgehende Aehnlichkeit der Haushaltung dieses Geschlechts, es so fordert. Ja, (hören wir den Einwurf) "als wenns weise gewesen wäre, ein schwaches Menschenpaar in einen Winkel der Erde zum Raube der Gefahr auszustellen?,, Und als wenns weiser gez wesen wäre, viele solche schwache Menschenpaare eins, zeln in verschiedenen Winkeln der Erde zum Raube zehnfach ärgerer Gefahren zu machen? Der Fall was gender Unvorsichtigkeit ist nicht blos überall dersel be; sondern er wird auch mit jeder Vervielfältigung Philosophie de l'histoire etc. ete,

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vermehret. Ein Menschenpaar, irgendwo, im bez sten, bequemsten Klima der Erde, wo die Jahreszeit ihrer Nacktheit am wenigsten strenge ist, wo der fruchtbare Boden den Bedürfnissen ihrer Unerfahrenheit von selbst zu statten kommt, wo gleichsam alles umhergeLagert ist, wie eine Werkstätte, um der Kindheit ihrer Künste zu Hülfe zu kommen ist dies Paar nicht weiser versorgt, als jedes andre menschliche Landthier, was unter dem unfreundlichsten Himmel in Lappland oder Grönland, mit der ganzen Dürftigkeit der nackten erfrornen Natur umgeben, den Klauen eben so dürftiger, hungriger, und um so grausamerer Thies mithin unendlich mehrern Ungemächlichkeiten ausgesezt ist? Die Sicherheit der Erhaltung nimmt also ab, je mehr die ursprünglichen Erdenmenschen verdoppelt werden. Und dann wie lange bleibt das Paar im seligern Klima Ein Paar? Es wird bald Famiz lie, bald ein kleines Volk, und wenn es sich nun als Bolk ausbreitet, es kommt in ein ander Land, kommt schon als Volk hinein wie weiser! wie ficherer! Viele an Anzahl, mit gehärteten Körpern, mit versuchten Seelen, ja mit dem ganzen Schake von Erfahrungen ihrer Vorfahren beerbt: wie viel fach also verstärkte und verdoppelte Seelen! Nun find fie fähig, sich bald zu Landgeschöpfen dieser Gegend zu vervollkommnen: sie werden in kurzem so eingeboren, als die Thiere des Klima mit Lebensart, Denkart und Sprache. — Beweiset nicht aber eben dies

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