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„schwächen.,, Ich kann es mir hier nicht in den Sinn nehmen, dies große Verhältniß, das die Kette der lebendigen Wesen durchläuft, mit Beispielen zu sichern; ich überlasse jedem die Probe, oder verweise auf eine andere Gelegenheit, und schließe fort: Nach aller Wahrscheinlichkeit und Analogie lassen sich also, alle Kunsttriebe und Kunstfähig „keiten aus den Vorstellungskräften der

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Thiere erklären“; ohne daß man außer ihnen noch blinde Determinationen annehmen darf, die alle Philosophie verwüsten. Wenn unendlich seine Sinne in einen kleinen Kreis, auf ein Einerlei eingeschlossen werden, und die ganze andre Welt für sie nichts ist, wie durchdringend müssen sie werden! Wenn Borstellungskräfte in einem kleinen Kreis eingeschlossen, und mit einer analogen Einnlichkeit begabt sind, wie stark müssen sie wirken! Und wenn endlich Sinne und Vorstellungen auf Einen Punkt gerichtet sind, was kann anders als Instinkt daraus werden? Aus ihnen also erkläret sich die Empfindsamkeit, die Fähigkeiten und Triebe der Thiere nach ihren Stuffen und Arten,

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Und ich darf also den Sah annehmen: "die „Empfindsamkeit, die Fähigkeiten und Kunsttriebe der Thiere nehmen an Stärke und Intensität zu, im umgez kehrten Verhältnisse der Größe und Mannichfaltigkeit ihres Wirkungskreis »ses.,, Nun aber

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Der Mensch hat keine so einförmige und enge Sphäre, in der nur Eine Arbeit auf ihn warte; eine Welt von Geschäften und Bestimmungen liegt um ihn.

Seine Sinne und Organisation sind nicht auf Eins geschärft: er hat Sinne für alles, und natürlich also für jedes Einzelne schwächere und stumpfere Sinne.

Seine Seelenkräfte sind über die Welt verbreitet; also keine Richtung seiner Vorstellungen auf ein Eins. Mithin kein Kunsttrieb, keine Kunstfertigkeit und, das Eine gehört hier näher

her, keine Thiersprache.

Was ist doch das, was wir, außer der vorherangeführten Lautbarkeit der empfindenden Maschine bei einigen Gattungen Thiersprache nennen, anders, als das Resultat der Anmerkungen, die ich zusammen gereihet habe? ein dunkles sinnli= ches Einverständniß einer Thiergattung unter einander über ihre Bestimmung, im Kreise ihrer Wirkung.

Je kleiner also die Sphäre der Thiere ist, desto weniger haben sie Sprache nöthig. Je schärfer ihre Sinne, je mehr ihre Vorstellungen auf Eins ge= richtet, je ziehender ihre Triebe sind; desto zusammengezogner ist das Einverständniß ihrer etwänigen Schålle, Zeichen, Aeußerungen. Es ist lebendiger Mechanismus, herrschender Instinkt, der da spricht und

vernimmt. Wie wenig darf er sprechen, daß er vernommen werde!

Thiere von dem engsten Bezirke sind also sogar gehörlos; sie sind für ihre Welt ganz Gefühl, oder Geruch, und Gesicht: ganz einförmiges Bild, eine förmiger Zug, einförmiges Geschäft; sie haben also wenig oder keine Sprache.

Je größer aber der Kreis der Thiere: je unters schiedner ihre Sinne - doch was darf ich wiederhos Len? Mit dem Menschen ändert sich die Scene ganz. Was soll für seinen Wirkungskreis, auch selbst im dürftigsten Zustande, die Sprache des redendsten, am vielfachsten tönenden Thieres? Was soll für seine zerstreuten Begierden, für seine getheilte Aufmerksamkeit, für seine stumpfer witternden Sine ne auch selbst die dunkle Sprache aller Thiere? Sie ist für ihn weder reich, noch deutlich: weder hinreichend an Gegenständen, noch für seine Organe also durchaus nicht seine Sprache: denn was heißt, wenn wir nicht mit Worten spielen wollen, die eigenthümliche Sprache eines Ge= schöpfs, als: die seiner Sphäre von Bedürfnis fen und Arbeiten, der Organisation seiner Sinne, der Richtung seiner Vorstellungen und der Stärke seiner Begierden angemessen ist? Und welche Thiers sprache ist so für den Menschen?

Jedoch es bedarf auch dieser Frage nicht. Wels che Sprache (außer der vorigen mechanischen)

Herders Werke z. Philos. u. Gesch). II.

hat der Mensch so instinktmäßig, als jede Thiergattung die ihrige in und nach ihrer Sphäre? Die Antwort ist kurz: keine! und eben diese kurze Antwort entscheidet.

Bei jedem Thiere ist, wie wir gesehen haben, feine Sprache eine Aeußerung so starker sinnlicher Vorstellungen, daß diese zu Trieben werden: mithin ist Sprache, so wie Sinne und Vorstellungen und Triebe, ihm angeboren und dem Thiere unmittelbar natürlich. Die Biene sumset, wie sie sauget; der Vogel singt, wie er nistet aber wie spricht der Mensch von Natur? Gar nicht! so wie er wenig oder nichts durch völligen Instinkt, als Thier thut. Ich nehme bei einem neugebornen Kinde das Geschrei seiner ems pfindsamen Maschine aus; sonst ists stumm; es äußert weder Vorstellungen noch Triebe durch Töne, wie doch jedes Thier in seiner Art thut; bloß unter Thiere gestellet, wäre es also daß verwaisetste Kind der Natur. Nackt und bloß, schwachh und dürftig, schüchtern und unbewafnet; und was die Summe seines Elendes ausmacht, aller Leiterin= nen des Lebens beraubt. Mit einer so zerstreus ten, geschwächten Sinnlichkeit, mit so unbestimme ten, schlafenden Fähigkeiten, mit so getheilten und ermatteten Trieben geboren, offenbar auf tausend Bedürfnisse verwiesen, zu einem großen Kreise bestimmt'; und doch so verwaiset und verlassen, daß

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es selbst nicht mit einer Sprache begabt ist, seine Mängel zu äußern Nein! ein solcher Widerspruch ist nicht die Haushaltung der Natur. müssen statt der Instinkte andre verborgne Kräfte in ihm schlafen! Stummgeboren; aber

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