Page images
PDF
EPUB

kaiserlichen Ketzergesetze achten und zum Kreuzzuge auf 2 Jahre 400 Ritter stellen sollten. 91 Hierauf widerrief Konrad von Hildesheim den Bannfluch gegen die Lombarden, Friedrich die Acht, und der Papst nahm den Kaiser in seinen apostolischen Schutz. 92 Honorius erlebte jedoch die Ratifikation 93 des Vertrages nicht, er starb am 18. März 1227.94 Indessen hatte Friedrich den Deutschmeister Herrmann nach Deutschland abgesandt und zur regen Betheiligung am Kreuzzuge aufgefordert, zumal die Einigung mit den Lombarden nahe sei. Ebenso sandte er Schreiben gleichen Inhalts an den Landgrafen von Thüringen und den König von Ungarn und bat sie, im August 1227 sich zur Abfahrt einzufinden. 95 Am 19. März 96 ward Ugolino von Ostia und Velletri gewählt und bestieg am 21. den päpstlichen Stuhl. 97 Er war den Jahren nach ein Greis, denn er hatte bereits das achtzigste Jahr überschritten; aber er war von imponirender Würde und Schönheit, voll jugendlicher Kraft und Energie, und vor allem ein Mann von tadellosem, sittenreinem Wandel und rhetorisch begabt wie Wenige. Er nahm den Namen Gregor (IX) an, und es lässt sich wohl nicht bezweifeln, dass er nach seinem schmiegsamen, freundlich nachgebenden Vorgänger damit der Welt und vor allem dem Kaiser das Bild jenes grossen, gewaltigen Papstes vor die Seele rücken wollte, der Fürsten und Völker in bebendem Gehorsam gehalten. Schon am 23. März theilte Gregor seine Erwählung dem Kaiser mit und ermahnte ihn in ernsten Worten, jetzt sein Gelübde zu erfüllen, widrigenfalls er ohne Gnade dem Banne verfallen werde. Zugleich war die vom 26. März datirte Friedensurkunde der lombardischen Städte am päpstlichen Hofe eingetroffen; allein da die Siegel des Markgrafen von Montferrat und einiger lombardischer Städte daran fehlten, wagte Gregor es nicht, sie dem Kaiser, um sich nicht in den allerdings nicht unbegründeten Verdacht heimlichen Einverständnisses zu bringen, zugehen zu lassen, sondern übersandte ihm nur eine Abschrift. Zugleich drang er von neuem in den Kaiser, an dem festgesetzten Termine sein Versprechen zu erfüllen; er wenigstens lasse es nicht an Unter

Röhricht, Beiträge.

2

stützung der Kreuzfahrt fehlen, da bereits an die Prälaten und Kreuzfahrer Deutschlands die darauf bezüglichen Weisungen in bestimmtester Form ergangen seien. 98 Friedrich seinerseits bedurfte des Stachels nicht; denn er war in der umsichtigsten und nachdrücklichsten Weise für die Vorbereitungen zur Kreuzfahrt besorgt. In den Hafenstädten wurden Schiffe gebaut, ausgerüstet und segelfertig gemacht, von den reichen Klöstern 99 und der Geistlichkeit wurden die Kreuzzugssteuern erhoben, und nach Deutschland ging der unermüdliche Hermann von Salza, um zu den bereits gestellten 250 Rittern neue zu werben, um die Zahl 1000, wie sie durch den Vertrag von San Germano bestimmt war, voll zu machen. Es gelang ihm auch durch grosse Versprechungen und zum Theil sehr bedeutende Summen Fürsten. Prälaten und Ritter 100 für den Kreuzzug zu gewinnen, und die Kreuzprediger halfen durch ihre Drohungen, jeden Pilger, der nicht die Kreuzfahrt mit dem Kaiser antrete, in den Bann zu thun, tüchtig nach; vor allem aber musste das von Friedrich gemachte Versprechen freier Verpflegung in Apulien und freier Ueberfahrt nach dem heiligen Lande besonders die armen Kreuzfahrer locken. So verliessen denn wiederum viele Tausende Weib und Kind, Haus und Hof. Aus Frankreich kamen, weil ja der Kampf gegen die Albigenser dieselben Indulgenzen gewährte, wie eine Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande, wenig Kreuzfahrer; aus Marseille soll nicht ein einziges Pilgerschiff abgesegelt sein, 101 doch ist die Abreise eines Prälaten, des Erzbischofs Peter von Narbonne, sicher. Aus Italien betheiligte sich fast nur der kaiserlich-gesinnte Klerus mit seinen Ministerialen; so werden in des Kaisers Umgebung die Erzbischöfe und Bischöfe von Palermo, Capua, Reggio und Bari genannt. Hingegen muss die Zahl der englischen Kreuzfahrer sehr bedeutend gewesen sein; denn ausser den Bischöfen v. Winchester und Exeter sollen über 40,000 kräftige Männer 102 von dort ihre Pilgerfahrt angetreten haben, freilich meist nur Arme, auf denen jedoch vorzugsweise der Wille des Herrn zu ruhen pflegt". Hingegen zogen aus Deutschland vorwiegend reiche und angesehene Pilger aus. 103 Darunter

sind zu nennen: der Herzog Heinrich von Limburg, der Landgraf Ludwig von Thüringen, 10 die Bischöfe Gebhard von Passau, Siegfried von Regensburg und Siegfried von Augsburg. ferner die adligen Herren: Werner von Bolanden, Heinrich von Neifen, Heinrich von Weida, 105 Gobert d'Aspremont. 106 Aus Schwaben kamen: Heinrich und Albert von Reifen, Eberhardt von Illereichen, Heinrich von Schwendi, Rüdiger von Stein, Leutfried Hoselin, Eberhard von Beuren, Dietrich von Ingersheim, Konrad von Würtemberg, Konrad von Haslach, Kuno von Sameran, ferner der Abt Hugo von Murbach, 107 und aus Thuringen im Gefolge des Landgrafen: Graf Ludwig von Wartburg, Graf Borchard von Brandenberg, Graf Meinhard von Molberg, Graf Heinrich von Stolberg, Hartmann von Heldrungen, Ludolf von Berlstete, Rudolf von Burgsleben, Rudolf pincera de Vargila“, Heinrich Marschall von Ebersberg, Hermann Truchsess von Schlottheim, Friedrich von Treffurt, Heinrich Kämmerer „de Vaure", Gerhard von Ellende, Dietrich von Seebach, Siegfried Rufus von Spatenberg, Ludwig und Rudolf von Hansen, Heinrich de Meydeburg", Reinhard Varch, Bertholdt „de Mula", Bertholdt von Heylingen, Capellan Gerhard „de Nowenburg", der Priester Bertholdt, Verfasser der Reinhardsbrunner Annalen, und Werner, Burgkapellan der Wartburg. 108 Aus den deutschen Städten brachen ebenfalls starke Schaaren auf; aus Worms kamen 400 Bürger, 109 während zu gleicher Zeit die Flotte der Friesen, welche Friedrich noch besonders zum Kreuzzuge aufgefordert hatte, von Borkum absegelte.110 Alle diese Pilgerzüge trafen im Juli in Apulien ein und lagerten in und um Brindisi, um die Abfahrt abzuwarten. Allein die furchtbare Sonnenhitze, die unregelmässige Lebensweise und der Hunger 111 erzeugten unter der grossen Menge der Pilger, die auf engen Raum zusammengedrängt sich gelagert hatten, eine Seuche, der viele Tausende erlagen,112 darunter auch am 23. August der Bischof von Augsburg. Die Zurüstungen zur Kreuzfahrt, auf eine so hohe Zahl von Pilgern nicht berechnet, erwiesen sich als unzulänglich; auch kostete das Heranschaffen von Mundvorrath sowie das Einladen des Heergeräths und die

völlige Ausrüstung der Schiffe immerhin einige Zeit, so dass der ganze August verstrich, ohne dass an eine Abfahrt gedacht werden konnte. Als endlich nun Anfang September wirklich Alles zur Abfahrt bereit war, stellte sich heraus, dass jetzt Schiffe übrig seien; denn viele Tausende von Pilgern hatten sich aus Mangel, Furcht vor der Seuche und Ungeduld auf die Heimreise gemacht. 113 Endlich segelte ein Theil der Flotte ab, während der Kaiser noch zurückbleiben musste, da die für ihn und die sicilischen Ritter bestimmten fünfzig Schiffe noch nicht ausgerüstet waren. Am 8. September segelte der Kaiser selbst ab, jedoch schon am 11. musste er, da seine Krankheit, die er bereits in Brindisi gefühlt hatte, schlimmer wurde, bei Otranto ans Land gehen, um seine Genesung abzuwarten. 114 Hier starb am dritten Tage darauf der Landgraf Ludwig von Thüringen. 115 Friedrich überliess den Befehl über die Flotte dem Herzoge Heinrich von Limburg und gab dem Patriarchen Gerold von Jerusalem 20 Galeen. 116 Die Flotte segelte hierauf nach Cypern, landete in Limissol, wo Balian III von Sidon, Odo von Montbeillard, Connétable des Königreichs Jerusalem, sowie Bohemund IV, der Sohn des Fürsten von Antiochien, mit seiner Gemahlin Alice den Kaiser erwarteten. Alle diese schlossen sich, da sie von der Krankheit des Kaisers gehört, der Kreuzflotte an und segelten nach Syrien zurück. Sofort sandte Friedrich zwei sicilianische Würdenträger, später den Erzbischof von Reggio und Bari, sowie den Herzog Raynald von Spoleto und Graf Heinrich von Malta an den päpstlichen Hof, um den Grund der Unterbrechung der Kreuzfahrt zu erörtern; aber die Gesandten wurden gar nicht vorgelassen. 117 Am 29. September erfolgte der Bannspruch, und am 10. October die Verkündigung desselben in öffentlicher Urkunde.

Es gehört weder Sentimentalität noch Sympathie für den Kaiser, sondern nur eine gewissenhafte Erwägung der Quellen und Verhältnisse dazu, um die Ueberzeugung zu gewinnen, dass mit dem Bann des Papstes eins jener tragischen Geschicke über das Haupt des Kaisers hereinbrach, an denen seine Regierung und die seines ganzen Geschlechtes so reich ist. Kein

rechtschaffener Forscher wird es bestreiten, dass der Papst in Folge der mehrere Male von Friedrich feierlich geleisteten Eide und Gelübde formell im Rechte war, zumal in der Urkunde von San Germano für den Krankheitsfall, den Honorius im Vertrage von Dannenberg 1224 bei König Waldemar von Dänemark vorhergesehen, nichts bestimmt war. Ebenso musste die Langmuth der Curie nach sechsmaliger Hinausschiebung des Termines einmal doch ein Ende finden, da man sich nicht verhehlen durfte, dass der Eifer für den Kreuzzug allmählig bei Friedrich erkaltet war. Allein die Gerechtigkeit verlangt auch, die politischen Schwierigkeiten zu ermessen, in welche der Kaiser jedesmal gerieth, wenn er zur Ausführung seines voreilig abgelegten Gelübdes sich rüstete, und anzuerkennen, dass die vom überwallenden Gefühl dem königlichen Jüngling eingegebenen Entschlüsse allmählig vor den grossen substantiellen Aufgaben des Mannes und Kaisers zurücktreten mussten. Ferner ist nicht im mindesten daran zu zweifeln, dass Friedrich, auch ohne die Geissel des Bannes fühlen zu müssen, sein Wort erfüllt haben würde, da, abgesehen von der moralischen Niederlage, die ihn im entgegengesetzten Falle schwerer als die damaligen wortbrüchigen, aber von der Curie unbehelligt gebliebenen Könige von England und Dänemark vor der Welt getroffen hätte, ja auch ein Kreuzzug, wie die Curie stets erkannt hatte, eine Menge politischer Vortheile bot. Ausserdem aber ist der moralische Hintergrund der päpstlichen Anklage und Verurtheilung kein so reiner, als man aus deren Worten herauslesen könnte. Es ist historisch stark beglaubigt, dass die Krankheit des Kaisers eine schwere war, und Jeder mag bei sich erwägen, ob er, wenn auch gegen den Buchstaben sündigend, ein Unrecht gethan, dass er nicht als Leiche nach dem heiligen Lande sich hinüberfahren lassen wollte, wobei dieses sowohl, als noch mehr das ganze Reich unrettbar dem sichersten Ruin verfallen wäre. Gleichwohl stand es bei Gregor von vorn herein fest, dass die Krankheit Friedrichs eine fingirte sei, und Gründe für diese Behauptung anzuführen hat er nicht für nöthig befunden. Endlich ist nicht zu vergessen, dass der

« PreviousContinue »